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Einsatz interaktiver Erzähltechniken

Die Story in drei Sätzen: Sie, der Rezipient, sind Kapitän eines Raumschiffs, irgendwo in der Galaxie, in der Nähe eines Sternsystems. Das Oberkommando hat besorgniserregende Signale aus diesem System empfangen. Der Befehl: Finden Sie heraus, was hier im Gange ist!

Ihre Interaktionsmöglichkeiten: Verwenden Sie Ihre Brückenkonsole, um Informationen über den Stern und seine Planeten zu finden. Setzen Sie die Datenbank und die Sensoren des Schiffs ein. Anhand dieser Informationen legen Sie dann eine Strategie fest – indem Sie eine Befehlssequenz erstellen, die Ihre Crew dann ausführt.

Die Auflösung: Die Signale stammen von einer bislang noch unbekannten außerirdischen Spezies, die mit einer sehr fortschrittlichen Technologie zur Überwindung der enormen Entfernungen im All experimentiert. Neben der Menschheit ist auch noch eine andere außerirdische Spezies, die mit dem Homo sapiens konkurriert, auf die Signale aufmerksam geworden und erforscht das Sternsystem ebenso. Sowohl Menschen als auch ihre galaktischen Konkurrenten sind sehr an der Technologie interessiert – was entsprechendes Konfliktpotential birgt. Und die unbekannten Erfinder der neuartigen Reisetechnologie sind in dieser Konstellation noch komplett unberücksichtigt ...

Das Interaktive: In einem mehrstufigen Wechselspiel aus Informationsgewinnung (über die Datenbank und den Scanner) und der Erstellung von Befehlssequenzen kommen Sie dem Geheimnis (neue außerirdische Spezies, neue Reisetechnologie) auf die Spur – oder auch nicht. Je nach Ihrem Verhalten kommt es zu friedfertiger Kooperation mit den „neuen“ Aliens – oder zu einem Konflikt. Ebenso beeinflusst Ihr Verhalten die politischen Beziehungen zur schon bekannten außerirdischen Konkurrenz. Im schlimmsten Fall droht ein ausgewachsener interstellarer Krieg ...

Struktur

Die Story ist grob wie folgt aufgebaut:


(Inhaltsfragmente sind weiß, Interaktionsmechanismen blau und Storyenden rot hinterlegt.)

Das einleitende Inhaltsfragment Einleitungstext schildert die Situation und erklärt Ihnen, was als Nächstes zu tun ist. Sie verwenden dann den Interaktionsmechanismus Standortbestimmung, um eine erste Einschätzung der Situation durchzuführen. Die Handlung teilt sich danach in vier Hauptrichtungen auf:

  • Die Nachforschungen waren unergiebig (Sie haben bei der Ersterkundung „geschlampt“ oder „aufs falsche Pferd gesetzt“), die Mission wird abgebrochen. Das Raumschiff fliegt zurück, Richtung Erde.
  • Die Forschungsresultate identifizieren einen bestimmten Planeten als Quelle des Signals – dieser wird nun genauer erforscht. Das Raumschiff fliegt in den Orbit des Planeten.
  • Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass das gesamte Sternsystem im Blick behalten werden muss – nicht nur das Signal oder ein einzelner Planet. Das Raumschiff ändert seine Position strategisch.
  • Das Signal selbst – und was es tatsächlich bedeuten könnte – gerät in den Fokus. Das Raumschiff positioniert sich auch in diesem Fall strategisch neu.

Dementsprechend gestaltet sich die zweite Interaktionsrunde: Der Datenbank werden neue Informationen hinzugefügt. Ebenso beeinflusst die neue Position des Raumschiffes die Scanergebnisse. In dieser Phase legen Sie fest, wie die Erforschung des Sternsystems fortgesetzt werden soll – beeinflusst von den vorherigen Forschungsergebnissen.

Ihre fortgesetzten Forschungsbemühungen führen Sie in einen von drei möglichen Handlungszweigen:

  • Der Fokus wird auf die neu entdeckten Außerirdischen (die Shoktar), ihre mögliche Motivation und auf die von ihnen entwickelte Technologie gerichtet.
  • Die Ravondi (die bekannte Alien-Konkurrenz, deren Präsenz Sie gegebenenfalls bei der Ersterkundung mit Hilfe des Scanners entdeckt haben) rücken in den Mittelpunkt: Sind die Ravondi wegen des Signals hier? Was wissen sie über das Signal? Welche Pläne verfolgen sie? Gleichzeitig wird das Signal selbst mit geringerer Priorität weiter erforscht.
  • Das Signal wird weiter untersucht: Was ist der Hintergrund? Wer sendet es (sofern die Aliens noch nicht entdeckt wurden)? Sollten wir – die Menschheit – uns weiter damit beschäftigen?

In der letzten Interaktionsrunde bestimmen Sie dann, wie die Story endet:

  • Sie finden eine diplomatische Lösung mit beiden Alienrassen, die allen drei Parteien zu neuem Wohlstand, neuen Möglichkeiten, etc. verhelfen wird.
  • Sie schließen eine Vereinbarung über die exklusive Nutzung der neuen Technologie mit den Shoktar. Die Ravondi halten Sie mit Hilfe eines „Gleichgewicht des Schreckens“ auf Distanz.
  • Sie provozieren einen interstellaren Krieg, da Sie weder die Shoktar noch die konkurrierenden Ravondi von einer friedlichen Lösung überzeugen können – beispielsweise, weil Sie versucht haben, sich die neue Technologie „ohne Rücksicht auf Verluste“ anzueignen.

Dabei sind auch Mischformen möglich – z.B. Krieg mit den einen, aber nicht mit den anderen Aliens. Jedes der drei Enden enthält Teile, die von den Interaktionen des Rezipienten abhängig sind – und daher mal in die Handlung einfliessen, mal nicht. Mehr dazu im Abschnitt Reaktion.

Interaktion

In der Story wird ein einziger Interaktionsmechanismus – die Bordkonsole – eingesetzt, der – je nach Phase der Story und den vorherigen Interaktionen des Rezipienten – mit unterschiedlichen Parametern und Inhalten „gefüttert“ wird.

Die Bordkonsole könnte wie folgt aussehen:

Links befindet sich die Schnittstelle zur schiffseigenen Datenbank. Die interaktiven Elemente sind ein Suchfeld und ein Button, über den Sie eine Liste mit verfügbaren Datenbankeinträgen aufrufen können. Wenn Sie einen Suchtext eingeben oder einen Begriff aus der Liste auswählen, wird der entsprechende Text angezeigt.

In der Mitte der Konsole befindet sich der Scanbereich: Hauptelement ist eine grafische Darstellung des Sternsystems, in die Sie hinein- und herauszoomen können. Gebiete, die Ihnen interessant erscheinen, können Sie mit der Maus markieren und dann per Klick auf den entsprechenden Button scannen. Die Scanergebnisse werden dann im Bereich unter den Buttons dargestellt.

Im rechten Bereich bauen Sie abschließend die Befehlssequenz zusammen – als Abfolge von Einzelkommandos. Jedes Einzelkommando besteht aus drei Teilen:

  • dem Ziel des Kommandos – in der Skizze möchte der Rezipient dem Volk der Shoktar einen Frieden anbieten;
  • die Strategie zur Erreichung des Ziels – in der Skizze wird „harte Diplomatie“ ausgewählt, deren Ausprägung („drohen mit Krieg“) dann in der Zusammenfassung präzisiert wird;
  • die Details der Strategie – in diesem Fall wird ein Druckmittel definiert, das eingesetzt werden soll, wenn die Strategie zu scheitern droht.

Die Auswahlelemente für die einzelnen Teile eines Kommandos passen sich an das jeweils vorhergehende Teil an: So sind die verfügbaren Strategien an das zu verfolgende Ziel gekoppelt. Die verfügbaren Ziele wiederum sind von der Datenbankrecherche, den Scanergebnissen und dem bisherigen Storyverlauf abhängig.

Unter Zusammenfassung wird das derzeit bearbeitete Einzelkommando genauer erklärt, so dass Ihnen jederzeit auch im Detail klar ist, welche Handlungen Ihre Befehlssequenz tatsächlich auslösen wird. Auch diese Zusammenfassung ist kontextabhängig – ihr Inhalt berücksichtigt vorherige Interaktionen und Einzelkommandos.

Die Reihenfolge der Einzelkommandos kann eine wichtige Rolle spielen, daher können Sie die Befehlssequenz jederzeit umsortieren. Ebenso können Sie einzelne Kommandos bei Bedarf aus der Befehlssequenz entfernen.

Sind Sie mit Ihrer Befehlssequenz zufrieden, lösen Sie die eigentliche Interaktion per Klick auf den (in der Skizze so benannten) „Engage!“-Button aus – und die Story nimmt ihren weiteren Lauf.

Reaktion

Nachdem Sie mittels Klick auf „Engage!“ eine Interaktion ausgelöst haben, aktualisiert die interaktive Story ihre Elementrepräsentationen anhand Ihrer Befehlssequenz.

Für unsere Story könnten beispielsweise die folgenden Elementrepräsentationen passen:

  • Repräsentationen von wichtigen Vertretern der beiden außerirdischen Völker, wie deren Einstellung zu den Menschen, ihre Angriffsbereitschaft, die aktuell präferierte Verhandlungstaktik.
  • Eine Repräsentation des irdischen Oberkommandos – ziemlich ähnlich zu den Elementrepräsentationen der Außerirdischen, aber vermutlich etwas weniger detailliert, da das Oberkommando eher eine Hintergrundrolle spielt.
  • Diverse Schlüsselinformationen, die Sie über eine Datenbankrecherche in Erfahrung bringen können, werden als Elementrepräsentationen abgebildet. So „weiß“ die Geschichte jederzeit, welche Informationen Ihnen bekannt sind.
  • Ebenso erhalten die per Scanner erkundbare Objekte – also Planeten, das Zentralgestirn, Monde, astronomische Phänomene – eine Repräsentation. So können auch diese Informationen in den weiteren Verlauf der Geschichte eingeflochten werden.

Der Konjunktiv („könnte“) wird in diesem (und dem folgenden) Abschnitt ganz bewusst verwendet. Denn typischerweise werden die konkreten Elementrepräsentationen und ihre Bedeutung erst bei der Realisierung der Story definiert – so wollen wir dies auch hier handhaben.

Konkret bedeutet dies, dass das Einzelkommando ...

Versuche, die Außerirdischen auf dem zweiten Planeten auszuforschen. Gehe dabei vorsichtig vor, vermeide den Kontakt. Setzte die Mitarbeiter der Forschungsabteilung dafür ein.

... folgende Auswirkungen auf diverse Elementrepräsentationen haben könnte:

  • Die Elementrepräsentationen, die diverse Informationen über die Außerirdischen abbilden, werden auf den Wert „Information verfügbar“ gesetzt.
  • Die Repräsentation des Planeten wird auf „erforscht“ gesetzt.

Um das Ganze noch komplexer zu gestalten, könnten zusätzlich noch vorhergehende Kommandos in die Berechnung der Elementrepräsentationen einfließen:

  • So könnten die Shoktar entdecken, dass sie von Ihnen ausgeforscht werden, wenn in einem vorhergehenden Befehl schon eine Grundaufmerksamkeit erweckt wurde – beispielsweise durch eine Drohne, die von den Außerirdischen gefunden wurde. Auch hier würde eine Elementrepräsentation gesetzt, die abbildet, dass die Shoktar bereits von Ihrer Präsenz wissen.
  • Durch das Aussenden dieser Drohne erhalten Sie aber auch wichtige Informationen: Das Fluggerät entdeckt die Quelle des Signals und liefert wichtige Anhaltspunkte dafür, welche Technologie sich hinter dem Signal verbirgt. Dementsprechend werden bei der Auswertung des Beispielkommandos zusätzliche Elementrepräsentationen auf „erforscht“ gesetzt.

Die geänderten Elementrepräsentationen werden anschließend dazu verwendet, den weiteren Storyverlauf zu bestimmen. Die Erzählung verzweigt dementsprechend zu einem von mehreren möglichen Storyfragmenten. Innerhalb des ausgewählten Folgeelementes können dann noch weitere Inhaltsanpassungen vorgenommen werden: So werden einzelne Worte oder Sätze nur dann in die Handlung übernommen, wenn eine bestimmte Konstellation von Elementrepräsentationen gegeben ist.

Abschließend zum besseren Verständnis noch ein paar konkrete Beispiele für Elementrepräsentationen und Bedingungen, die sich auf sie beziehen:

  • Gegenstandsrepräsentation: Planet Xylodan, Eigenschaft: erforscht, Wert: falsch
  • Gegenstandsrepräsentation: Planet Xylodan, Eigenschaft: bewohnt, Wert: unbekannt
  • Ereignisrepräsentation: Erstkontakt mit den Shoktar, Eigenschaft: hergestellt, Wert: wahr
  • Ereignisrepräsentation: Erstkontakt mit den Shoktar, Eigenschaft: Ergebnis, Wert: als Freunde auseinandergegangen
  • Bedingung: Das Textfragment „Nachdem wir den Erstkontakt mit den Shoktar beendet hatten, flogen wir weiter, Richtung des fünften Planeten des Systems. „Xylodan“, wie uns die Aliens wissen ließen.“, wird nur dann angezeigt (und damit Teil der Handlung), wenn die Bedingung Ereignisrepräsentation „Erstkontakt mit den Shoktar“ gleich „wahr“ erfüllt ist.

Der Kreativprozess zu „Signal aus dem All“ ist auf dieser Seite skizziert.