Alles beginnt mit einer Idee. In diesem Fall einer sehr zweckorientierten, wenn nicht gar rein akademischen: Ich, als Autor dieser Website, benötige eine Beispielstory, deren Entstehen – mit Hilfe von Konzeptionsebenen – ich hier, auf dieser Website, dokumentieren kann. Darüber hinaus möchte ich Ihnen mit Unterstützung dieser Beispielstory die wichtigsten interaktiven Erzähltechniken demonstrieren.
Ich beginne mit einem ersten Brainstorming, das wie folgt aussieht:
Die Illustrationen auf dieser Seite stellen immer nur einen ausgewählten Ausschnitt des Inhaltes der jeweiligen Konzeptionsebene dar. „In echt“ würden die verschiedenen Konzeptionsebenen sehr viel mehr Storyelemente beinhalten. Ebenso sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den Illustrationen um Symbolbilder handelt. Anwendungen, die Konzeptionsebenen bereitstellen, würden vermutlich andere Darstellungsformen verwenden.
Von dieser Grundkonstellation ausgehend entwickle ich meine Gedanken weiter, indem ich in die Ideen & Ziele-Konzeptionsebene wechsle. Dort werden meinem bisherigen Brainstorming zunächst zwei (im Bild grün dargestellte) Anknüpfungspunkte hinzugefügt – nämlich (wenig überraschend) Ideen und Ziele:
Durch Auswahl des Ideen-Containers kann ich nun meine Ideen zur Beispielstory erfassen:
Ich möchte also eine Science-Fiction-Story erzählen (weil ich das Genre mag und es mir kreative Freiheiten erlaubt). Anstatt meine Arbeit auf die Recherche zu fokussieren, möchte ich eine möglichst komplexe Interaktion demonstrieren. Der Inhalt kann dabei vergleichsweise konventionell bleiben (ich kann also auf avantgardistischen Wendungen verzichten) – schließlich soll alles auch für Sie, den interessierten Nichteingeweihten, nachvollziehbar bleiben.
Die Grundidee aus dem Brainstorming – interaktive Erzähltechniken greifbar zu machen – übernehme ich und entwickle sie im Zweig Struktur weiter: Die Story setzt auf lange Textstrecken, die – je nach verfügbarem Budget – mit Grafiken oder gerenderten Videos angereichert sein können. Die Interaktionen sind komplex, aber nicht sehr zahlreich. Der dafür eingesetzte Mechanismus ist maßgeschneidert für die Story und visuell aufwendig gestaltet.
Um diesen Ansprüchen an den Interaktionsmechanismus gerecht zu werden, beabsichtige ich, ihn in mehrere Komponenten zu zerlegen. Zwei Ideen, wie dies umgesetzt werden könnte, erfasse ich im Zweig Interaktion, ohne mich bereits für eine bestimmte zu entscheiden. Diese Entscheidung werde ich erst in einer späteren Konzeptionsebene treffen.
Meine Weiterentwicklungsprozesse kann ich ebenfalls nachvollziehen: Das Ursprungselement wird transparent hinter dem weiterentwickelten Element dargestellt. So kann ich jederzeit per Mausklick zwischen beiden hin und her wechseln.
Über den Ziele-Container definiere ich einen roten Faden, den ich später immer wieder heranziehen kann, wenn mir der Fokus beim Schreiben verlorenzugehen droht. Im Beispiel habe ich diese Ziele um den konkreten Einsatzzweck herum formuliert – schließlich will ich keine „echte“ Story erstellen, sondern nur ein Beispiel für diese Website. Was durchaus nicht unerheblich ist ...
In der Kreativebene entwickle ich dann die Struktur (also das entsprechende Element aus dem Ideen-Container) zu vier Containerelementen (Setup, Forschung, Ergebnisse, Auflösung; in der Abbildung oben grün dargestellt) weiter. Auch in diesem Fall ist der Weiterentwicklungsprozess visualisiert – das Ursprungselement wird halbtransparent und navigierbar unter den vier weiterentwickelten Storyelementen angezeigt.
Die Container sind über Interaktionen (rot) miteinander verbunden. Für eine erste Umschreibung der Interaktionsmechanismen verwende ich die gelben Kommentare.
Innerhalb der jeweiligen Container versuche ich, die Inhalte über Handlungselemente (grau dargestellt) grob zu skizzieren. Zur vereinfachten Navigation sind die Handlungselemente in der Übersicht oben halbtransparent über dem jeweiligen Container eingeblendet – obwohl ich die Inhalte der vier Containerelemente in einem jeweils unabhängigen Arbeitsbereich erstelle:
In diesen vier Arbeitsbereichen lege ich auch die Reihenfolge der Storyelemente fest: In der Einleitung meiner Story (im Setup-Container) handelt es sich um eine lineare Abfolge von Handlungselementen (grau), die zur ersten Interaktion (rot) führt. Da ich im Beispiel die Interaktionen nicht als Teil der Container definiert, sondern auf der obersten Ebene der Story angesiedelt habe, ist die erste Interaktion halbtransparent dargestellt.
Der Container Forschung ist anders strukturiert:
Landet der Rezipient im Handlungselement Unergiebige Resultate, ist die Story bereits beendet. Bei den drei anderen Handlungselementen wird zur nächsten Interaktion (Ins Detail) weitergeleitet.
Welches der vier Handlungselemente letztlich zum Einsatz kommt, bestimmt der Rezipient über sein Vorgehen im Interaktionsmechanismus Standortbestimmung. Die Aufteilung in vier Handlungszweige ist an dieser Stelle noch etwas willkürlich. Sie spiegelt meine Planung zu der Zeit wider, als ich die Story zum ersten Mal in der Kreativebene bearbeitet habe. Bei Bedarf kann ich diese vier Handlungsstränge in einer späteren Konzeptionsebene in zusätzliche „Unterstränge“ aufspalten.
Sollte ich später einen komplett neuen Handlungsstrang einführen wollen, füge ich ihn zunächst hier, in der Kreativebene, hinzu – und entwickle ihn dann, wie zuvor die anderen Verläufe, über alle Konzeptionsebenen hinweg weiter.
Die übrigen Konzeptionsebenen sind weniger grafisch gehalten. Sie verwenden stattdessen hauptsächlich (und viel) Text. Daher beschränkt sich die Darstellung ab hier auch auf ... Text.
Nachdem ich die Grobkonzeption erledigt habe, geht's an die Ausarbeitung meiner Geschichte in den finalen drei Konzeptionsebenen Sequenzen, Szenen und Drehbuch.
Als Grundlage für meine Sequenzen dienen mir die vier Containerelemente der Konzeptionsebene. Ich lege also vier Sequenzen an: Setup, Forschung, Ergebnisse und Auflösung. Zusätzlich übernehme ich die jeweils abschließenden Interaktionen – die in der Konzeptionsebene ja keinen Containern untergeordnet sind – in die passenden Sequenzen. Die Interaktion Standortbestimmung teile ich dementsprechend der Sequenz Forschung zu.
In jeder dieser Sequenzen definiere ich die Inhalte genauer als noch in der Kreativebene. Ich lege Dossiers für die handelnden Personen an, die deren Motivation in der Sequenz erklären. Ich definiere Inhaltsbausteine, die Teil der Handlung werden können – und die Bedingungen, unter denen diese Handlungsfragmente dann tatsächlich in die Story integriert werden.
Auch die Interaktionen konkretisiere ich in dieser Konzeptionsebene: Waren in der Ebene Ideen & Ziele noch mehrere Varianten im Spiel, lege ich mich nun endgültig auf einen Interaktionsmechanismus fest:
Der Rezipient erhält die Möglichkeit, komplexe Befehlssequenzen zu erstellen, die den weiteren Fortgang der Handlung bestimmen. Zur Erstellung dieser Befehlssequenzen kann er aus einer großen, kontextabhängigen Auswahl von Einzelkommandos schöpfen, die er jeweils über Parameter feinjustieren kann. Die Reihenfolge der einzelnen Befehle kann sich auf den weiteren Fortgang der Handlung auswirken.
Zusätzlich eröffne ich dem Rezipienten über den Interaktionsmechanismus die Möglichkeit, das Sternsystem zu erkunden („scannen“) und generelle Hintergrundinformationen über eine Datenbank abzurufen. Damit will ich ihm die notwendigen Entscheidungshilfen für die Erstellung der Befehlssequenz an die Hand geben. In der Sequenz-Ebene lege ich zunächst generelle Richtlinien fest: Welche Themen sollen in der Datenbank recherchiert werden können? Was kann der Rezipient mit Hilfe des Scanners entdecken?
Die Sequenzen arbeite ich dann zu Szenen aus: Die Inhalte werden konkreter, ich denke mir zusätzliche Handlungsstränge aus. Ich führe überraschende Wendungen ein, beispielsweise:
Die Außerirdischen nehmen das Universum komplett anders wahr als wir Menschen. Dies erschwert die Kontaktaufnahme ungemein und kann – sofern der Rezipient diese Wahrnehmungsdifferenzen nicht ausreichend erkundet – zu katastrophalen Missverständnissen führen.
Auch die Interaktionsmechanismen konkretisiere ich in dieser Konzeptionsebene: Die über die Datenbank recherchierbaren Themen lege ich konkret fest, ohne die Informationen bereits auszuformulieren. Ebenso widme ich mich den Daten, die über den Scanner in Erfahrung gebracht werden können. Darüber hinaus definiere ich, wie Themen, Daten aus dem Scanner und die für eine Interaktion verfügbaren Befehle zusammenhängen: Bestimmte Einzelkommandos wird der Rezipient nur dann in der Befehlssequenz verwenden können, wenn er zuvor Kenntnis von einer bestimmen Information per Datenbank oder Scanner erlangt hat.
Am Ende des Konzeptionsprozesses steht das Drehbuch: Hier formuliere ich alle Texte aus. Mache Teile dieser Texte vom Storyverlauf abhängig, um noch flexibler auf die Interaktionen des Rezipienten eingehen zu können. Auch alle Texte, die Interaktionsmechanismen betreffen – also Informationen, die ich per Datenbank oder Scanner verfügbar machen möchte – stelle ich jetzt fertig. Grafiken, die ich in Interaktionsmechanismen und als Titelgrafik einsetzen möchte, beschreibe ich ausreichend detailliert, so dass sie in externen Anwendungen (Bildbearbeitung, 3D-Grafikeditor, Illustrationsprogramm, ...) produziert werden können – und ich die fertig produzierten Medien später in die Story integrieren kann.
Eine inhaltliche Annährung an die Story und ihre Interaktionsmechanismen finden Sie hier.